Um wohl kein anderes Thema in unserer Arbeitswelt ranken sich so viele Mythen, Un- und Halbwahrheiten wie um das Arbeitszeugnis. Wir räumen mal ein bisschen auf und… es gibt viel zu tun.
Es gibt Sachen, die sind kaum totzukriegen. Bei gewissen Dingen ist das gut so. Wir denken da an die gute alte Ovomaltine, an den VW-Käfer, der jetzt zwar Beetle heisst, aber doch noch immer ein «Jööhhh»-Gefühl auslöst oder an die Vanille-Glacés von der Migros, die in Geschmack und Verpackung (wir meinen die Blauen mit dem Seelöwen, Sie wissen schon…) seit Jahrzehnten gleich gut sind.
Ausgerechnet in das Arbeitszeugnis, einem nach wie vor nicht ganz unwichtigen Instrument im Arbeitsleben, haben sich einige ganz üble Viren eingeschlichen, die sich hartnäckig festgesetzt haben und denen beim besten Willen nicht nachgesagt werden kann, sie wären Klassiker. Eines der augenscheinlichsten Beispiele dafür ist die Sprache, die in Arbeitszeugnissen verwendet wird.
Haben Sie Ihre letzten Arbeitszeugnisse einmal genau durchgelesen? Oder vielleicht laut vorgelesen? Gerade bei Letzterem ist das Risiko beträchtlich, dass Sie oder Ihr Umfeld in lautes Lachen ausbrechen. «Ist das eigentlich Deutsch?» werden Sie sich vermutlich fragen. Denn es wimmelt nur so von Satzbandwürmern und skurrilen Ausdrücken:
- «Mit den qualitativen und quantitativen Arbeitsergebnissen waren wir…»
- «Einwandfrei»
- «Stets»
- «Die ihr übertragenen Aufgaben…»
- «Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit»
Solche Entwicklungen im Sprachgebrauch in Arbeitszeugnissen sind durchaus mit der Vorsicht oder gar Angst der Unternehmen vor arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen erklärbar. Vieles, das Meiste, ja fast Alles gehört jedoch in die Kategorie «Sprachmüll», der sich über Jahrzehnte in die Zeugniswelt geschlichen hat und sich dort nun hartnäckig hält. Wie es dazu kommt, zeigt dieser witzige Artikel im Focus.
Kein Wunder füllen Arbeitszeugnis-Ratgeber mittlerweile die Gestelle beim Orell Füssli. Dabei geht es doch eigentlich nur um ein Papier, welches Auskunft darüber geben soll, was genau Ihr Job war und wie Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer gearbeitet haben. Ist das wirklich so schwer? Das Vorzeigebeispiel für sprachliche Absurditäten in Arbeitszeugnissen ist die Worthülse «zu unserer vollsten Zufriedenheit». Voll – voller – am Vollsten? Haben Sie das in der Primarschule gelernt? Eben. Würden Sie das im Restaurant sagen? Das Essen war zu unserer vollsten Zufriedenheit? Kaum, Sie würden vermutlich Prädikate wie «ausgezeichnet», «sehr gut» oder «hervorragend» verwenden. Diese treffenden Worte passen auch prima in Arbeitszeugnisse! Warum also kompliziert – und erst noch falsch – wenn es auch einfach geht?
Unser Tipp: Achten Sie darauf, dass Ihr Arbeitszeugnis klar und unmissverständlich getextet ist, darauf haben Sie einen Anspruch. Finden Sie ungeschickte Formulierungen oder gar Codes, bitten Sie um Klärung und machen Sie am besten ganz einfach einen Gegenvorschlag. Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Tipps rund ums Arbeitszeugnis und einige Hinweise zur Bedeutung von Ausdrücken wie «voller» und «vollsten» finden Sie auch hier.