Endlich Vaterschaftsurlaub in der Schweiz?

In der Schweiz gibt es keinen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub. Der europäische Vergleich zeigt, dass die Schweiz damit ziemlich alleine dasteht. Eine Volksinitiative fordert nun 20 Tage Vaterschaftsurlaub.

Vaterschaftsurlaub: Situation in der Schweiz

In der Schweiz gibt es keinen gesetzlich geregelten Vaterschafts- beziehungsweise Elternurlaub. Weder ein unbezahlter noch ein bezahlter Urlaub werden im Schweizer Obligationenrecht geregelt. Frischgebackene Väter stehen lediglich «übliche freie Tage» (nach Art. 329 Absatz 3 im OR) zur Verfügung. Die Anzahl dieser freien Tage kann je nach Unternehmen variieren. Als üblich gelten nach der Geburt eines Kindes ein bis zwei freie Tage. Darüber hinaus müssen Väter ihre Ferien einziehen, wenn sie länger zu Hause bleiben möchten und im Arbeits- und Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes festgehalten ist.

Vaterschaftsurlaub im Ländervergleich

Nur drei europäische Länder kennen keinen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub: Die Schweiz, Irland und Albanien. In Frankreich bekommen Väter innerhalb der ersten vier Monate nach der Geburt einen 11-tägigen Urlaub vergütet – und zwar in der Höhe des Mutterschaftsgeldes. Im Südtirol kann der Mutterschaftsurlaub in Vaterschaftsurlaub umgewandelt werden. Auch in Belgien ist ein gesetzlich geregelter Vaterschaftsurlaub vorgesehen. Dieser dauert drei Tage und ist, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, obligatorisch. Wer in den 15 Monaten vor der Geburt des Kindes bereits ein Jahr in Festanstellung war, erhält zudem eine Woche frei.

Die Meinung von Politik und Bevölkerung geht auseinander

Die Politik sperrt sich seit langem gegen einen gesetzlich geregelten und somit bezahlten Vaterschaftsurlaub. Im April dieses Jahres wurde ein Vorstoss für zwei Wochen Vaterschaftsurlaub vom Nationalrat abgelehnt. Eine Umfrage von Travail.Suisse hat jedoch ergeben, dass 80% der Stimmberechtigten einen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub befürworten, wohingegen das Parlament diesen bereits über 30 Mal abgelehnt habe.

Initiative: ‹Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie›

Da die Forderung nach Vaterschaftsurlaub von der Politik schon unzählige Male abgelehnt wurde, soll nun die Bevölkerung entscheiden. Die Forderung: 20 Tage Vaterschaftsurlaub für frischgebackene Papis in der Schweiz. Hinter der Initiative stehen die Dachverbände der Arbeitnehmenden (Travail.Suisse), der Männer- und Väterorganisationen (männer.ch), der Frauenorganisationen (Alliance F) und der Familienorganisationen (Pro Familia Schweiz). Sie hatten sich im März 2016 zum Verein «Vaterschaftsurlaub jetzt!» zusammengeschlossen. 20 Tage sind jedoch laut einigen Initianten noch immer zu wenig, aber dafür mehrheitsfähig und ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Initiative wirbt mit drei Schlagworten: notwendig, zeitgemäss und bezahlbar. Mutter und Vater sollen in der ersten Phase des Kindes präsent sein. Die Väter von heute wollen von Anfang an dabei sein. Und 20 Tage Vaterschaftsurlaub koste die Sozialversicherung pro Monat nicht mehr als eine Tasse Kaffee. Ausserdem werde der, wie der Militärdienst und der Mutterschaftsurlaub, von der Erwerbsorganisation EO übernommen und somit nicht den einzelnen Steuerzahler belasten.

Kritische Stimmen meinen aber, dass es sich nicht alle Betriebe leisten können, einen Mitarbeiter für 20 Tage zu entbehren. Vor allem bei kleinen Betrieben könnte sich der Vaterschaftsurlaub sehr belastend auswirken. Ausserdem würden die meisten Väter zwei Wochen nach der Geburt des Kindes Ferien nehmen und sich darüber auch nicht beschweren.

Das Thema wird heiss diskutiert und wie so oft in der Politik und bei Initiativen, sollte jeder für sich selbst die pro und contra Argumente gegeneinander abwägen. Den Initiativtext finden Sie hier. Ob das Verlangen nach Vaterschaftsurlaub dieses Mal gestillt wird, zeigt sich spätestens am 24. November 2017. So lange haben die Initianten Zeit, die nötigen 100’000 Unterschriften zu sammeln.

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Quellen: vaterschaftsurlaub.ch, maenner.ch, nzz.ch, srf.ch, beobachter.ch