Mann lehnt sich aus Verzweiflung an die Scheibe

So begründen Sie den Jobwechsel im Bewerbungsgespräch besser nicht

Bewerbungsgespräche gleichen zuweilen einem diplomatischen Spiessrutenlauf mit Fragen und Antworten, deren Bedeutung grösstenteils zwischen den Zeilen zu finden ist. Leute, die so ehrlich sind, dass es fast weh tut, sind bei Bewerbungsgesprächen klar im Nachteil. Denn es gibt lediglich zwei Arten von Antworten: akzeptable und völlig katastrophale, welche die Aussicht auf den neuen Job zunichtemachen. Bei Beantwortung der Frage, wieso Sie genau Ihre Stelle wechseln möchten, sollten Sie sich auf keinen Fall ein Beispiel an den folgenden 6 Antworten nehmen.

«Ich wechsle den Job, weil ich mehr Geld brauche.»

Mehr Lohn – Statistisch gesehen ist dies einer der Hauptgründe, wieso Arbeitnehmer die Stelle wechseln. Das wissen auch Personaler. Das Problem dabei ist, dass man nicht wie zu opportunistisch erscheinen darf, sonst denkt der Personaler, dass man bei einer besser bezahlten Gelegenheit gleich wieder das Weite sucht. Unternehmen bevorzugen loyale Bewerber/innen. Stellen Sie daher sicher, dass Ihre Antwort genug Leidenschaft für die Stelle ausdrückt, auf die Sie sich bewerben.

«Ich möchte mehr Zeit für meine [­…].»

Es ist unerheblich, ob Sie mehr Zeit mit Ihrer Familie, mit Hobbys oder anderen Projekten verbringen wollen, dieser Schuss geht nach hinten los. Die Personalerin hört nur: Diese Person will gar nicht für uns Arbeiten und ihr ist alles andere wichtiger, als die Arbeit. Diese Denkweise ist nicht mehr zeitgemäss, denn Burn-out ist out – seien Sie dennoch vorsichtig: Sie können nicht wissen wie «traditionell» die Ansichten Ihres Gegenübers sind. Daher begründen Sie den Wechsel lieber damit, dass Sie sich eine andere Arbeitsumgebung wünschen, die der neue Arbeitgeber zu bieten hat.

«Ich möchte wechseln, weil Ihre Firma sehr prestigeträchtig ist.»

Verstehen Sie, was die Interviewfragen genau bedeuten sollen? Wohl eher nicht, wenn Sie so antworten. Diese Antwort hat für Personaler ebenfalls einen schlechten Beigeschmack. Zum einen wünschen sie sich Mitarbeitende, die selbstbewusst genug sind, um nicht mit dem Prestige der Firma hausieren gehen zu müssen. Zum anderen bevorzugen es Personaler, wenn der Jobwechsel mit Begeisterung für die neue Stelle begründet wird. Erwähnen Sie lieber, inwiefern Sie sich beruflich weiterentwickeln wollen und warum der neue Job genau dazu ideal geeignet ist. So überzeugen Sie sogar überaus kritische Personaler/innen.

«Ich strebe einen Jobwechsel an, weil mein alter Job war [Negativaussage].»

Wenn Sie dies antworten, ist es möglich, dass Ihre Loyalität angezweifelt wird. Lassen Sie sich auf keinen Fall dazu hinreissen, negative Aussagen über Ihre alte Stelle, die ehemaligen Arbeitskollegen oder die ehemaligen Vorgesetzten zu machen. Bei jeder negativen Aussage wird davon ausgegangen, dass Sie dereinst genauso über den Job, für den Sie sich gerade bewerben, herziehen werden. Machen Sie es besser: Ihre Begründung des Jobwechsels soll aussagen, wo Sie hinwollen, nicht wovor Sie flüchten

«Ich möchte den Job wechseln, weil ich mir weniger Stress wünsche.»

Auch dies ist ein verständlicher, durchaus menschlicher Grund. Im Endeffekt beweist dies sogar, dass Sie eine resiliente Arbeitskraft sind, und Ihre eigenen Grenzen und Ressourcen kennen. Leider sorgt diese Begründung aber dennoch für hochgezogene Augenbrauen. Lassen Sie es also bleiben. Verantwortung abzugeben oder einen Gang zurückzuschalten, das passt nicht in die Karrierelaufbahn-Logik der meisten Personalfachleute. Bestenfalls müssen Sie sich die Folgefrage gefallen lassen, ob Sie denn überhaupt belastbar genug seien. Im schlimmsten Fall vermitteln Sie im Bewerbungsgespräch dadurch den Eindruck, dass bei Ihnen die Motivation zu wünschen übrig lässt.

«Ich muss den Job einfach aus persönlichen Gründen wechseln»

Wecken Sie keine schlafenden Hunde. Generell gilt: Je konkreter die Gründe sind, die Sie angeben, desto weniger unwahre Horrorszenarien kann sich der Personaler ausdenken. Bleiben Sie bei der Begründung zu vage, kann der Personaler allerlei Negatives annehmen. Seien Sie auch nicht zu ausführlich. Kurze, präzise und wohlüberlegte Antworten gelten als ideal. Sie können – um Zeit zu gewinnen – auch die Initiative ergreifen: Personaler sind nicht die einzigen, die in Bewerbungsgesprächen Fragen stellen dürfen.

Wenn Sie sich auf das Bewerbungsgespräch gut vorbereiten und diese Fehler vermeiden, dann stehen Ihre Chance auf den neuen Job hervorragend.

Sie haben noch kein Bewerbungsgespräch in der Tasche? Dann bewerben Sie sich auf eine der zahlreichen ausgeschrieben Stellen.

Quelle: karrierebibel.de/

3 Antworten zu «So begründen Sie den Jobwechsel im Bewerbungsgespräch besser nicht»

  1. […] fühlen Sie sich bereit für Ihr Bewerbungsgespräch? Hier finden Sie eine Liste von Wechselmotivationen, welche Sie lieber nichtangeben und eine Checkliste für die Gesprächsvorbereitung, um auf alles […]

  2. Kann ich so nicht unterschreiben, diesen Ratgeber. Es mag vielleicht sein, dass Ehrlichkeit häufiger schlecht ankommt. Aber möchte man nicht dort punkten, wo Ehrlichkeit gewertschätzt wird und der Wunscharbeitgeber erkennt, dass die eigenen Negativerfahrungen sich dort wohl nicht wiederholen? Ehrlichkeit zahlt sich letztlich aus. Die einseitige Lobeshymne auf sich selbst machen erfahrene HR Spezis höchstens müde

    1. Vielen Dank für die Rückmeldung, es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben einen Kommentar zu hinterlassen. Grundsätzlich gebe ich Ihnen recht. Es wäre ideal, würde man für Ehrlichkeit mit einem (neuen) Arbeitgeber belohnt. Ich gebe Ihnen auch dahingehend recht, dass HR-Spezialisten bei standardisierten Hymnen der Selbstbeweihräucherung wohl nur müde lächeln (wir sind uns da einig).

      Jedoch – so finde ich – muss man bedenken: Es ist ein schmaler Grat zwischen höflicher Authentizität und brachialer Ehrlichkeit. Im Endeffekt geht es wohl darum, den Eindruck von sozialer Ungeschicktheit zu vermeiden. Ich argumentierte nicht dafür, in einem Bewerbungsgespräch etwas anderes als die Wahrheit zu sagen. Die Art und Weise wie man etwas ausdrückt, ist dann aber meistens das Zünglein an der Waage.